„Ja, erzähl doch mal. Wie hat eigentlich alles angefangen und warum machst du das?“ Fast jeder Call, jeder Podcast oder jedes Social Media Live fängt so oder so ähnlich an. Idealerweise hören wir nicht auf uns zu vernetzen, nur weil wir gerade dieses Corona-Thema haben. Darum sitzen wir nun alle vor unseren Cams und erzählen unsere Geschichte, eben wie alles angefangen hat. Und wie ich immer sage: Geschichten erzählen, bzw. wörtlich übersetzt Storytelling, hat etwas mit Reflexion zu tun. Also muss ich in die Vergangenheit gehen, um meine persönliche Geschichte zu finden. Gar nicht so einfach, denn in meinem Fall gab es da nicht unbedingt diesen einen Moment, mit dem alles anfing.
Storytelling hat etwas mit Reflexion zu tun.
Aber eins nach dem anderem, denn in diesem Post geht es für mich um ein bisschen mehr als meine Geschichte. Ich starte einen Blog und das finde ich irgendwie crazy, denn lange konnte ich mir so etwas nicht vorstellen.
Etwas über mich zu schreiben, was Menschen interessieren soll? Naja, es geht ja nicht nur über mich, aber irgendwie ja doch auch. Darüberhinaus war ich nicht der beste Deutsch-Schüler. Oh, wenn mein damaliger Lehrer das wüsste, … vielleicht schreibe ich ihm mal 😀. Oder vielleicht schreibe ich hier mal mehr darüber.
Die Herausforderung mit „etwas über mich schreiben“ ging bereits los, als ich verstärkt Content auf LinkedIn gestartet habe. Erst diesen Content, den so Viele fordern, den Content mit „Mehrwert“ (in der Regel gefordert von Menschen, die selber nichts produzieren). Also startete ich mit Tipps für Vorträge. Die Resonanz war, naja … mittelmäßig. Ich musste etwas ändern, mehr Persönlichkeit zeigen. Und siehe da, die Resonanz wurde besser. Interessant und schon mal ein wichtiges Learning: Mehrwert UND Persönlichkeit, das muss sich hier im Blog fortsetzen.
Was also bietet sich als Start für diesen Blog besser an, als etwas über mich zu schreiben, meine Geschichte wie alles begann, auch wenn es wie gesagt mehrere Stories sind. Let’s go, das ist das Thema von heute.
2016 habe ich als Angestellter in einem IT-Unternehmen angefangen ein für mich sehr interessantes Thema zu bearbeiten: Das vernetzte Fahrrad. Es ging also um Fahrräder, die mit dem Internet kommunizieren. Viele denken wohl sofort an Bike-Sharing Anbieter, wie der Dienst der Deutschen Bahn oder von nextbike, allerdings ging es bei mir um private und hochpreisige Bikes, speziell E-Bikes. Einer unserer ersten Kooperationspartner war Microsoft in München, wofür ich heute noch sehr dankbar bin. So hat es also nicht lange gedauert, dass ich zu einem Event als Sprecher eingeladen wurde. „Dieses Fahrrad-Thema ist doch sicher spannend, weil unter Fahrräder kann sich ja jeder was vorstellen.“ Ok, klar, ich hab nicht lange gezögert und zugesagt.
Das Ding war allerdings, wir hatten zu dem Zeitpunkt gar nichts außer Ideen. Ich war nachmittags dran und als ich da so saß, kamen mir Zweifel. Alle thematisieren ihre fertigen und SUPER EFFIZIENTEN LÖSUNGEN. So wirklich was drunter vorstellen konnte ich mir bei den wenigsten Sprechern, aber die waren schon echt weit. Und ich mit meinen Ideen, wie gesagt, außer die hatte ich nichts. Als der Redner vor mir fertig war, schöpfte ich neuen Mut. Der war schon wirklich sehr technisch und ich hatte nicht das Gefühl, dass er damit viele Menschen abgeholt hat. Vielleicht war das Publikum bestehend aus ca. 130 Personen bereit für eine Abwechslung? „Ok, es ist also ein Test. Mal sehen was passiert.“
Also fing ich an zu erzählen. Im Grunde waren es drei Geschichten mit Problemen aus dem Radfahrer-Leben, die wir mit Technologie lösen wollten. Und natürlich erzählte ich auch, dass ich selber Radfahrer bin und es mir wirklich wichtig ist (Persönlichkeit und so 😉…).
Als ich vorne stehe bemerke ich, dass einige hinten Anfangen meinen Vortrag zu filmen. „Haben die das bei den anderen auch gemacht? Ich glaube nicht“. Wow, was für ein Gefühl. Und kaum sind meine 20 Minuten und der Vortrag vorbei, habe ich eine Hand voll Visitenkarten, Gespräche und Ankündigungen, dass wir ja nachher nochmal ausführlicher sprechen müssen. Noch nie war es mir gelungen so einfach zu netzwerken. Eigentlich habe ich ja nur das erzählt, was ich auch an jedem Stammtisch erzählen würde.
Vorträge können als Kunden-Gewinnungs-Kanal genutzt werden.
Dieses Phänomen habe ich bei weiteren Vorträgen festgestellt. Ich gewann Partner und Kunden, ohne wirklich zu pitchen. Ich konnte also etwas, was vielen anderen schwer fiel. Daraus wollte ich ein Business machen. Schließlich nutzten die wenigsten ihre Vorträge, investierten aber trotzdem viel Zeit. Vorträge können als Kanal genutzt werden, wenn man es richtig anpackt.
Neben meinen ersten größeren Keynotes stand ein weiteres wichtiges Projekt an: Die Orchesterweltmeisterschaft in Kerkrade 2017. Ich spiele im Landesblasorchester Baden-Württemberg, einem der besten Blasorchester in Deutschland. In diesem Jahr sind wir angetreten zu diesem renommierten Wettbewerb. Natürlich ist Musik schwer messbar, dennoch gibt es auch viele handwerkliche Faktoren, die Orchester voneinander unterscheiden.
Das besondere bei diesem Wettbewerb war, dass nicht nur eine Stunde Musik gefordert wurde, sondern ein Konzertkonzept. Ein roter Faden, der sich durch alle Stücke zieht und gleichzeitig wurden weitere Disziplinen wie z.B. Tanz oder der Einsatz von Medien erlaubt. In einem intensiven und langen Brainstorming-Abend haben wir uns festgelegt, dass wir mit einem Statement rausgehen: „Jedes Kind dieser Welt hat ein Recht auf Zukunft.“ Wir wollten musikalisch eine Geschichte erzählen, die dieses Narrativ bedient und das ganze durch den Einsatz von starken Bildern unterstützen.
Erst war ich kein Fan von Bildern, irgendwie zu kitschig. Aber plötzlich fand ich mich im Projektteam wieder und habe angefangen mit Bildern in Kombination mit Musik zu experimentieren und musste feststellen: „Wow, gezielter Einsatz von Effekten und gutes Timing kann viel bewirken.“ Eine intensive Zeit stand an. Musik aussuchen, die das erzählt, was uns vorschwebt, die richtigen Bilder wählen, technisch implementieren, eine Partnerschaft mit UNICEF pitchen, das Orchester mitreißen, die ersten Konzerte mit diesem Programm vorbereiten, alles optimieren. Und ich mitten drin, auf einmal als Dramaturg oder Projektleiter.
Irgendwann kam dann der Moment, wir sitzen in Kerkrade auf der Bühne und erzählen musikalisch unsere Story. Von einem kleinen Mädchen, von Familie, von Krieg, von Hoffnung. Die Halle ist voll, 2500 Menschen und wir vorne auf der Bühne, ca. 90 Musiker. Wir durchleben alle intensive Emotionen, Tränen fließen und dann, Schlussakkord. Stille, niemand klatscht. Fast eine Minute lang ist es komplett still im Saal. Wie intensiv kann eigentlich Stille sein? Dann irgendwann der riesen Applaus. Das werde ich nie vergessen. Wenn ich die Aufnahme heute noch sehe kommt einiges wieder hoch.
Die Aufnahme gibts übrigens bei Youtube: https://youtu.be/L0FfK01GaRg
Wir haben Menschen erreicht, mit Emotionen, mit unserer Story, die natürlich auch zum Puls der damaligen Zeit passte. Wir wollten Menschen nicht nur unterhalten, sondern zum Nachdenken animieren. Das was Speaker doch auch tun, oder? Ich glaube, dass ist uns gelungen. Und ich habe vieles gelernt. Was es eben heißt Menschen in einem Team von einem Projekt zu begeistern und was es heißt auf der Bühne zu sein und mit voller Überzeugung sich einem Thema hinzugeben. Irgendwann war mir dann klar, das ist auch im Business ein Thema, es gibt gleiche Ziele und Prinzipien.
Hingabe auf der Bühne ist ein essentieller Erfolgsfaktor.
Ahja, Weltmeister wurden wir leider nicht. Zweiter, mit 96 von 100 möglichen Punkten, einen halben Punkt hinter dem Ersten. Was das auch immer heißt in der Musik. Egal, denn zum einen war es das beste Ergebnis, welches ein deutsches Orchester je erreicht hat. Zum anderen, am Ende bleiben Erfahrungen, Emotionen und eben eine persönliche Geschichte. Ich glaube, das ist mehr wert.
Beide Ereignisse haben gemeinsam, dass ich auf der Bühne sein durfte, und dass Menschen erreicht wurden. Erreichen heißt in diesem Fall: sie wurden zum Nachdenken animiert. Und dafür musste sich das Publikum nicht zu sehr anstrengen. Ich glaube sowohl bei Microsoft wie auch in Kerkrade, hat es dem Publikum Spaß gemacht Publikum zu sein.
Und die Erfahrungen haben auch gezeigt, dass sich nach der Performance Türen öffnen, Menschen werden aufmerksam auf dich und auf das, was du getan oder erzählt hast. Gute Kommunikation auf der Bühne ist ein Game Changer. Das wusste schon Steve Jobs. Ehrlich gesagt finde ich es manchmal seltsam, warum viele das noch nicht verstanden haben und dieses Thema insbesondere auf der Bühne noch so stiefmütterlich behandeln. Aber gut, kann ja noch werden, ich glaube daran.
Zwei Geschichten von mir, die mich haben reflektieren lassen. Was kannst du besonders gut? Was macht dir besonders viel Spaß? Wie fühlst du dich mit dem was du jetzt machst? Solche Fragen kamen fast schon automatisch. Also begann ich mich dem Thema Kommunikation zu widmen und habe Menschen geholfen, auch auf der Bühne zu performen. Bühne, zumindest war das der Anfang. Warum die Bühne aber nicht alles ist, das schreibe ich einem anderen Post 😉 Du als Leser, als einer der ersten, kennst nun meine Geschichte bzw. Geschichten und wie alles bei mir begann.
Was ich dir nun mitgeben kann: Sehe deinen nächsten Vortrag oder Keynote als Chance. Hab keine Angst vor der Bühne, sondern rocke sie!